Vor 10 Jahren ging eine Welle von Protesten und Revolutionen durch die arabische Welt. Ihren Anfang nahm sie im Dezember 2010 in Tunesien und erfasste in den darauffolgenden Monaten des Jahres 2011. 17 Länder Nordafrikas und des Nahen Ostens, von Mauretanien bis zum Oman, von Tunis bis Abu Dhabi.

„Würde“ war die Losung vieler Massendemonstrationen. Die Menschen gingen zu Zehntausenden, Hunderttausenden auf die Straßen, um gegen absolutistische Langzeit-Herrscher, gegen Korruption und soziale Ungleichheit und marode Wirtschaftssysteme zu protestieren. Doch der Frühling wurde schnell zu einem tiefen Winter: Wo immer Regime wankten oder gar stürzten (wie in Tunesien oder Ägypten), stießen religiöse Extremisten wie die Muslimbrüder in das Machtvakuum. Im Irak entstand die Terrormiliz des IS und überzog weite Teile des Landes bis nach Syrien mit ihrem Schreckensregime. Regimestürze mündeten in blutige Bürgerkriege, die dann schnell zu internationalen Stellvertreterkriegen eskalierten, sei es in Syrien oder in Libyen.

Neue geopolitische Mächte haben die politischen Landkarten des Nahen und Mittleren Ostens umgeschrieben, mit Auswirkungen auf die Sicherheitsarchitektur in der Region, aber auch weit darüber hinaus bis nach Europa: Zu den eigentlichen Gewinnern des Arabischen Frühlings gehören neben Russland die Türkei und der Iran, die in vielen Konflikten und Kriegen bis heute die treibenden Akteure sind. Verloren haben dagegen vor allem die Zivilgesellschaften, Frauen und demokratische Oppositionelle. Die Probleme, die vor 10 Jahren zu den Aufständen führten, bleiben ungelöst, der Reformdruck in der arabischen Welt ist bis heute enorm.

Vincent Productions produziert im Auftrag von ARTE und in Zusammenarbeit mit der ZEIT-Stiftung den 10. Jahrestag des „Arabischen Frühlings“ einen umfassenden Blick auf das Erbe des Arabischen Frühlings.

Autor:in: Michael Richter, Nadja Frenz
Redaktion: Türkân Schirmer
Produzentin: Sandra Maischberger
Produktion: VINCENT PRODUCTIONS für zdf/arte
World Sales: New Docs

Das arte-Pressedossier zum Thema.

„Arabellinnen – Frauen des Arabischen Frühlings“

Unsere Producerin und Autorin Nadja Frenz  wirft in der 5-teiligen Web-Reihe „Arabellinnen – Frauen des Arabischen Frühlings“ einen genauen Blick auf die Lage von Frauen in der arabischen Welt. Frauen aus sechs Ländern – Künstlerinnen, Politikerinnen, Journalistinnen und Unternehmerinnen – äußern sich zu ihrem Alltag, ihren Zielen und Träumen. Was hat sich seit dem Arabischen Frühling für die Frauen verändert? Frauen gelten als große Verliererinnen der Proteste, aber es zeigt sich: Gerade die Frauen in der arabischen Welt sind am aktivsten – überall, im Großen wie im Kleinen, versuchen sie in ihren Ländern Veränderungen herbeizuführen.

Symposium „Das Erbe des Arabischen Frühlings“

Das Symposium „Das Erbe des Arabischen Frühlings“ im Rahmen des EuropaCamp 2021  bringt die Filme auf die Bühne. In zwei Gesprächsrunden geht es um die internationalen Folgen des Arabischen Frühlings, aber auch um die Frage, warum die Arabellionen gescheitert ist. Wie kann eine Revolution gelingen, und welche Rolle spielen zivilgesellschaftliche Akteure dabei? Gesprächspartner sind u.a. Wolfgang Ischinger, Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Gilles Kepel, Arabist und Berater von Präsident Emmanuel Macron, Daniel Gerlach, Nahost-Experte, Joumana Haddad, libanesische Publizistin, Emel Mathlouthi, Sängerin und Stimme der tunesischen Jasmin-Revolution und Kim Ghattas, niederländisch-libanesische Journalistin.

Bundesaußenminister Heiko Maas diskutiert  mit Sandra Maischberger die Rolle und Verantwortung Europas im Arabischen Frühling und stellt den Stand der von Deutschland initiierten Vermittlungsmission im Libyen-Krieg dar.

Links

Themenschwerpunkt „Arabischer Frühling: 10 Jahre danach“ auf arte.tv.

„Das Erbe des Arabischen Frühlings – Zwischen Aufbruch und Chaos“ in der arte Programmvorschau 1. Halbjahr 2021