Leni Riefenstahl2022-07-15T10:33:32+02:00

Riefenstahl

ein Dokumentarfilm von Andres Veiel

„Seit mehr als zwei Jahren beschäftige ich mit dem Nachlass von Riefenstahl. Als ich mit den Recherchen begann, legte ich den Fokus auf unbekannte Dokumente wie Tagebücher, Notizzettel, private Fotos und Filme. Sie machten auf Anhieb neugierig, ermöglichten neue Einsichten jenseits der bekannten Erzählungen. Und doch blieb immer ein Misstrauen: Hat sie bestimmte Materialien gezielt hinterlassen? Rechnete sie damit, dass jemand aus den Dokumenten des Nachlasses einen Film machen würde? Verbaue ich mir mit meiner Skepsis einen unvoreingenommenen Blick? Aber wie kann ich mich einer Protagonistin offen annähern, die sich zeitlebens hinter einem Gestrüpp von Legenden, Halbwahrheiten und Lügen verschanzt hat?

Je tiefer ich in diese Widersprüche eintauchte, desto klarer wurde mir, dass ich das Material nicht für sich sprechen lassen kann. Anders als in meinen früheren Filmen würde es die Stimme eines Autors brauchen, der das Material einordnet und in Beziehung zu dem setzt, was nicht im Nachlass erhalten ist. In welchen Momenten glaube ich ihr? Welche anderen Materialien aus weiteren Recherchen müssen hinzugezogen werden? Wofür stehen ihre Legenden, wofür braucht sie sie, wofür benutzt sie sie? Und wo weisen sie über sich hinaus?

Nach dem Krieg steht sie mit der Leugnung jeglicher Mitverantwortung für die NS- Verbrechen stellvertretend für viele im Land. Briefe, mitgeschnittene Telefonanrufe und Notizen von ihr erzählen davon, wie sie ab Mitte der 1970er Jahre eine Projektionsfigur für eine bis dahin schweigende Minderheit wurde, die genug von dem „Schulddiktat“ hatte und forderte, dass nun endlich ein Schlussstrich unter die NS-Vergangenheit gezogen werden müsste.

Angesichts solcher Schlüsselszenen von Leugnung und Verdrängung lässt sich ein finales moralisches Urteil über Riefenstahl leicht fällen. Aber die Notwendigkeit, sich mit ihr zu beschäftigen, ist damit nicht erledigt. Zu gegenwärtig sind ihre Bildwelten, in dem mit dem „Grauen“ kokettierenden Pop ebenso wie in der Ikonografie der Neuen Rechten. Und dann in den letzten Monaten auch in den neuen Inszenierungen imperialer Größe, in Moskau, in China und anderswo.

Heute wie damals geht es in diesen Bildwelten darum zu siegen – über den Zweifel, die Ambivalenz, die vermeintliche Schwäche, das nicht Nicht-Perfekte. Ein Film über Riefenstahl hat für mich damit eine unerwartete Dringlichkeit erfahren.“

Andres Veiel

Riefenstahl

Ein Film von Andres Veiel
Eine Produktion der Vincent Productions GmbH

Verfügbar ab Ende 2023